Bösewicht #1: der Maikäfer

Der in unserer Region als ausgestorben geltende Maikäfer wird in den letzten Jahren wieder häufiger gesichtet. Im April und Mai findet üblicherweise der Hochzeitsflug der Maikäfer statt. Anschliessend legen die Weibchen die Eier in die Erde ab. Im Juni/Juli schlüpfen daraus die schmutzig weissen Larven. Diese Engerlinge bleiben drei Jahre im Boden, bevor sie sich verpuppen und sich zu Maikäfer entwickeln. Die Engerlinge fressen die jungen Wurzeln im Boden und wenn sie als Maikäfer schlüpfen verzehren sie die jungen Blätter der Obstbäume und können so ganze Kulturen kahlfressen. Vor 100 Jahren war der Maikäfer eine gefürchtete Plage. Der grosse Käfer mit seinen Engerlingen galt in der Land- und Forstwirtschaft als gefährlicher Schädling. Viele Bauern und Winzer erlitten massive Ernteausfälle, vereinzelte mussten sie gar um ihre Existenz bangen. In den 1920er Jahren wurde durch Einsammeln der Maikäfer diese grosse Plage konsequent bekämpft. Die Zivilvorsteherschaft Dachelsen berichtet im Protokoll vom 30. Dez. 1922, wieviele Engerlinge in der dortigen Zivilgemeinde gesammelt und abgeliefert wurden. Von Ernst Buchmann Schulhaus 2 Liter, Johann Heiniger Eigi 57 Liter, Alfred Lang Dachelsen 9 Liter und Gotthilf Küng Dachelsen 8 Liter, total 76 Liter. Ihnen wurde aus der Gemeindekasse pro Liter 30 Rappen, also im Ganzen Franken 22.80 ausbezahlt.

Jeweils im Frühjahr wurde jeder Landwirt dazu verpflichtet, je nach Grösse seines Betriebes eine bestimmte Menge von Maikäfern zu sammeln und der Gemeinde abzugeben. In der Mettmenstetter Gemeinderatssitzung vom 11. August 1924 wird beschlossen, dass Sammelfaule mit einer Busse von 30 Rappen pro Liter zu wenig eingesammelter Maikäfer zu belegen seien. Zudem wurden sie zu einer Polizeibusse von Fr. 3.00 bis Pflichtmass 10 Liter und von Fr. 4.00 bei 10-20 Liter und von Fr. 5.00 über 20 Liter verknurrt. Mettmenstetten hat nach 1923 das Pflichtmass von 3790 Litern Maikäfern infolge der grossen Bedrohung auf 7580 Liter verdoppelt. Schlussendlich wurden 1924 allein auf unserem Gemeindegebiet, total 12’965 Liter Maikäfer gesammelt. Man stelle sich die gewaltige Menge an Käfern mal vor dem heutigen Gemeindehaus vor…

Von Anfang bis Ende Mai waren Jung und Alt bereits bei Tagesanbruch auf den Beinen. Unter den Bäumen wurden grosse Tücher ausgebreitet, dann die Äste geschüttelt was das Zeug hergab damit sich die in den Blättern und Blüten schlafenden und verkrallten Maikäfer lösten und in die Tücher fielen. Schnell zusammensammeln, zum nächsten Baum rennen, wieder schütteln, wieder zusammennehmen. Dann die Krabbeltiere nach Hause tragen und dort im heissen Wasser verbrühen und in Säcke oder Kübel abfüllen und zur Sammelstelle bringen. Diese Praxis wurde bis in die 1950er Jahre weitergeführt, als die Schädlinge mit den Insektiziden DDT und Lindam bekämpft wurden. Dieses wurde allerdings in den 1970er Jahren wieder verboten.

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