Von der Weberei Syfrig zu Intigena

Übernommen aus dem Mättmistetter vom Dezember 2022. Autor Willi Nievergelt (lesen Sie hier).

Seidenweberei Syfrig

In der gut recherchierten und schön illustrierten Broschüre «Mättmi*Wäg 1 – Route Dorf» von Werner Eugster geben Ronald und Oliver Weisbrod einen interessanten, detaillierten Überblick über die industrielle Entwicklung im Erspach, an der ihre Familie massgeblich beteiligt war. Schon 1821 eröffnete J. J. Syfrig eine Baumwollweberei und stellte dann 1848 auf die Seidenproduktion um. Die 1864 eröffnete Eisenbahnlinie Zürich-Zug-Luzern war natürlich das ausschlaggebende Ereignis für eine stetige Entwicklung der Industrie in Mettmenstetten. 1900 fusionierte die Seidenweberei Syfrig mit jener der Firma Zürrer in Hausen am Albis.

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Seidenstoff Weberei Weisbrod-Zürrer AG

Witwe Fanny Zürrer heiratete 1904 den Weinhändler Gustav Weisbrod und zusammen leiteten sie die Firma. Die drei Söhne des Paares traten in das Unternehmen ein, das nun den Namen «Weisbrod-Zürrer Söhne» erhielt. Nach der Weltwirtschaftskrise von 1929 und einem Umzug nach Nordengland wollten die drei Brüder diversifizieren, um sich so besser abzusichern. Sie konnten 1957 die Loring AG in Würenlos kaufen, die damals Produkte für die Monatshygiene der Frau produzierte. Damit traten sie in die Branche der Hygieneartikel und sanitären Produkte ein und entschlossen sich, in der Mettmenstetter Fabrik zu produzieren.

Loring

Durch moderne, amerikanische Hochleistungs-Binden-Maschinen entwickelte sich das Geschäft sehr schnell. In den folgenden 30 Jahren entstanden neue Fabrikationshallen, zwei grosse Lagerhallen und ein Hochregallager für die neu entwickelten Kinderwindeln. 1994 beschloss die Familie Weisbrod, die Loring in Mettmenstetten zu verkaufen: Für einen einzigen Grossverteiler ein riesiges Volumen an Binden und Windeln zu produzieren wurde ein zu grosses Risiko für die kleine Familien-AG. Wie weitsichtig! Die Liegenschaft blieb aber im Besitz der Weisbrod-Zürrer AG. Nach einer Chinesischen Gesellschaft namens DSG (Disposable Soft Goods) aus Hongkong übernahm dann 1999 die deutsche Firma Intigena den Betrieb. Der Name Loring wurde bis 2010 beibehalten.

Intigena

Ein ehemaliger, langjähriger Mitarbeiter in leitender Stellung, Urs Baumann, erinnert sich an die besten Zeiten der Firma an der Unteren Fischbachstrasse. Pro Jahr wurden 340 Millionen Windeln produziert – die modernen Maschinen stellten in einer Sekunde neun Windeln in hoher Qualität her. Zeitweise wurde in drei Schichten gearbeitet, und die Lastwagen, die die Produkte abholten, standen Schlange! Hinter diesem Erfolg stand viel  Arbeit; in vielen Probeläufen mussten die neuen Anlagen genau eingestellt werden und es gab dadurch auch  viele Abfall-Windeln. Aus diesen wurde durch ein spezielles Verfahren die Zellulose zurückgewonnen und der Rest musste verbrannt werden. Viele Hausfrauen dürften sich heute noch daran erinnern, dass es nicht ratsam war, die weisse Wäsche am Verbrennungstag im Freien aufzuhängen … Die Nachricht «der Kamin raucht» verbreitete sich wie ein Lauffeuer bis ins Oberdorf! Beeindruckend war auch das fahrerlose Transportsystem (FTS) der Firma Jungheinrich. Leo Staubli, bei der Einführung ein junger Ingenieur, erinnert sich genau und erklärte mir die Details. 1984 konnte eine neue Fabrikationshalle bezogen werden und die Loring war eine der ersten Firmen in der Schweiz, welche fahrerlose Hubstapler in Betrieb nahm. Im Boden waren Schlaufen eingebaut worden, welche den Fahrzeugen, die über Sender gelenkt wurden, den Weg vorgaben: zum Beispiel zu den Lastwagen oder  in die Lagerhallen. An einem Tag der offenen Tür waren sie der grosse Hit – nicht nur bei den Kindern.

Am 25. Mai 2022 machte die Firma INTIGENA Hygienic Solutions in einer Pressemitteilung darauf aufmerksam, dass sie die Produktion in Mettmenstetten bis spätestens Ende Jahr einstellen werde.

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